Beim sportlichen Jubel sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt. Autor Stefan Volknant hofft, dass es auch nach dem Olympiareferendum am 29. November Grund für Freudentänze und Siegerfäuste gibt.
Beim sportlichen Jubel sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt. Autor Stefan Volknant hofft, dass es auch nach dem Olympiareferendum am 29. November Grund für Freudentänze und Siegerfäuste gibt.
Wie schön wäre es, am 29. November einmal wieder zu jubeln, anlässlich des Hamburger Referendums aus vollem Halse und so, wie es eigentlich nur der Sport erlaubt: allen Zweiflern trotzend, allen Skeptikern Hohn sprechend, aber auch alle Pessimisten mit sich reißend, allen Visionären Beifall zollend und allen Sportbegeisterten neue Perspektiven aufzeigend. Ausdrucksformen überschäumender Freude gäbe es ja hinreichend, mindestens so viele wie der Enttäuschung, des Jammers und Zagens, das sich in diesen Tagen lähmend über Sportorganisationen zu legen droht.
Der Entwicklung spontaner überschwänglicher Freude wären kaum Grenzen gesetzt. War es zu Zeiten Gerd Müllers und Lothar Emmerichs schick, vergleichsweise cool zu jubeln, bevorzugt der siegreiche Sportfreund heute eher die extrovertierte Gangart. Der kurze einbeinige Freudenhüpfer, aus vollem Lauf mit nach vorne geführten Arm einst auch noch bei Netzer gesehen, er hat sich überlebt wie der Diver à la Klinsmann. Die Säge, einst im Freudentaumel präsentiert von Labbadia und Kunz, sie ist heute passé wie Schürrles Luftgitarre aus vergangenen Mainzer Tagen. Ein Evergreen zwar die jüngst bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Rio zelebrierten kollektiven Freudentänze und Polonaisen, doch beständig bleibt vor allem eins: Sportlerinnen und Sportler lieben immer wieder neue Gesten, Arme ausgebreitet etwa, Blick gen Himmel oder verklärt Augen schließend wie Götze, Saltos ausführend, mit den Händen ein Herz andeutend oder auch mit dem Daumen im Mund oder dem Ball unter dem Trikot.
Kreative Jubler trifft man dabei beileibe nicht nur im Fußball. Bekannte Leichtathleten formen Arme und Oberkörper gerne zu feldbogenartigem himmelwärts geformtem Gebilde, Schwimmer plantschen spritzend nach dem Anschlag mit beiden Armen auf das Wasser, Tennisspielerinnen wie Andrea Petkovic vollführen im Siegesrausch Tänzchen.
Nicht zu vergessen die in fast allen Spielarten des Sports anzutreffenden in atemlosem Siegestaumel aufgerissenen mit gespreizten Händen korrespondierenden Augen und Münder, der von den akkreditierten Fotografen bei der Siegerehrung immer wieder gern verlangte Biss in soeben gewonnene Medaillen oder der auf den Mund gelegte Zeigefinger, der signalisiert, dass der Sieg eine Vorgeschichte hat. Neben Kindern werden Maskottchen präsentiert. Sogar Trikots können im Siegesrausch zur Hilfe und dabei nicht nur geküsst, geschwenkt, geworfen und im Zweifel sogar zerrissen werden, so es Großmuttern resp. Ausrüster und Sponsor erlauben.
Die Grenzen des guten Geschmacks sind beim Jubeln weit gesteckt und werden selten sichtbar, etwa bei den besorgniserregenden Zungenverknotungsspielen des Sprinters Maurice Green oder der hinuntergelassenen Sporthose eines deutschen Stabhochspringers. Doch sonst ist fast alles erlaubt was gefällt.
Jubeln lässt es sich allein, vortrefflich gern aber auch in der Gruppe mit kollektivem Umarmen, An- und Übereinanderspringen und natürlich vor allem mit dem Publikum kommunizierend. Man kann beim Jubeln aus Booten fallen, Masken und Mützen vom Kopf reißen, Sportgeräte von sich schleudern, Freunde, Kameraden, Familienmitglieder und Bekannte herzen, in fremde oder eigene Kameras lachen und neuerdings auch Selfies produzieren.
Der Sport ist in seiner spontan zum Ausdruck kommenden Freude Trendsetter, ja er hat dabei in gewisser Weise sogar ein Alleinstellungsmerkmal. Nicht, dass man sich nur im Sport des Lebens freuen könnte, aber die zahlreichen kreativen, neuen und natürlich auch die immer wiederkehrenden Formen ansteckender Lebensfreude würden in der Palette menschlicher Ausdrucks-formen fehlen, würden sie nicht allwöchentlich neu zelebriert.
Und nicht zuletzt: Die vielen Arten, im Sport zu jubeln, sind auch eine Möglichkeit, ihn und seine vielfältigen Erscheinungsformen zu bejubeln. Warum nicht Olympia im eigenen Land? Am 29. November darf geübt werden!
(Autor: Stefan Volknant)
In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier als DOSB-Blog veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.
Die deutsche Volleyball-Nationalmannschaft der Frauen jubelt über den Einzug ins Viertelfinale der Europaspiele 2015 in Baku. Foto: Getty Images für BECOG