Steiniger hätte der Weg zum Triumpf und dem Ticket für die Olympischen Spiele in Rio nicht sein können für Dimitri Ovtcharov. In einem bis zum letzten Punkt spannenden Spiel in der Sports Hall in Baku gewann der 26-Jährige trotz 0:2- und 2:3-Satzrückstand mit 4:3 gegen seinen weißrussischen Vereinskollegen Wladimir Samsonow. Am Ende hatte der amtierende Europameister die besseren Nerven und größeren Kraftreserven gegenüber seinem 39-jährigem Gegner.
„Das war Schwerstarbei. Ein großes taktisches Spiel, er kennt mich so gut. Immer wieder zurückzukommen, ist eine große Stärke von mir. Ich bin unglaublich stolz, erster Sieger der Europaspiele zu sein“, sagte Ovtcharov direkt nach dem Spiel ins Mikrofon von SPORT1. Das Match begann aber „katastrophal“. Schnell lag er im ersten Satz 0:6 zurück, ehe er die Partie offener gestalten konnte, sich sogar einen Satzball erarbeitete, den Satz aber schlussendlich doch verloren geben musste. Samsonow spielte in der Phase insgesamt souveräner und gewann auch Satz zwei.
Im Duell der nach dem krankheitsbedingten Ausfall von Timo Boll höchstplatziertesten Europäer in der Weltrangliste fand Ovtcharov aber ab Satz drei immer mehr Lösungen gegen das clevere Spiel Samsonows. Mit mehr Sicherheit im Spiel gewann der Olympia-Dritte von London die Sätze drei und vier. Und auch im fünften Satz war Deutschlands Nummer eins am Drücker und führte 8:6. „Zehn schelchte Sekunden“, wie Ovtcharov nachher zugab, kosteten ihn aber den Satzgewinn.
Mit dem Rücken zur Wand besann sich Ovtcharov auf seine Stärken, führte gedanklich einen „Restart“ durch und erspielte sich Punkt für Punkt. Am Ende gewann er die letzten beiden Sätze in ein Spiel auf Messers Schneide mit 11:7 und 11:8.
Auch im Halbfinale anfangs mit Problemen
Im Halbfinale am Vormittag wirkte Ovtcharov zu Beginn der Partie ebenfalls merklich nervös. Direkt nach zwei Punkten bat er um eine Unterbrechung wegen zu großer Geräuschkulisse. Immer wieder guckte er genervt in die Ränge, von denen es permanente und eintönige Unterstützung für Drinkhall gab. Den ersten Satz schenkte er dementsprechend mit 2:11 her. Danach fing sich der Weltranglisten-Sechste und kämpfte sich ins Spiel. Drinkhall machte aber weiterhin weniger Fehler und ging nicht unverdient mit 2:1 nach Sätzen in Führung. „Er hat sehr schlau und aggressiv gespielt, das Risiko nicht gescheut“, sagte Ovtcharov zum Auftritt seines Gegners.
Ab dem vierten Satz hatte Ovtcharov aber endgültig zu seinem Spiel gefunden, machte fortan mehr Druck und gewann die folgenden drei Sätze relativ klar. Trainer Jörg Roßkopf fasste das Halbfinale am Ende wie folgt zusammen: „Im ersten Satz hat Dima sich schlecht bewegt, sich aber danach gesteigert und das Spiel dominiert. Mir war klar, dass er irgendwann zurückkommt.“ So war es dann auch im Finale.
Alle Titel des Kontinents und Ticket nach Rio
Mit dem Sieg bei den ersten Europaspielen hat Ovtcharov nun alle europäischen Einzeltitel inne. Er ist Europameister, Gewinner des European Top 16 und European Games Champion. Als Bonus hat er auch die Olympia-Qualifikation in der Tasche „Vor allem ist es ein unglaubliches Gefühl jetzt schon sicher in Rio dabei zu sein und die schwere Quali nicht angehen zu müssen. Jetzt können wir schon den Trainingsplan stellen Richtung Rio“, sagte Ovtcharov dementsprechend gelöst.
Seinen geschundenen Körper – starke Rückenprobleme hatten ihn durch Turnier begleitet – gönnt Ovtcharov nun erst mal einen zehntägigen Urlaub auf Mallorca, ehe es zurück nach China geht, wo er noch in der Chinese Super League aktiv ist, „aber nur so lange die Gesundheit mitspielt.“
Zum Ende der Tischtennis-Wettbewerbe sieht die Bilanz des Deutschen Tischtennis-Bundes golden aus. Nach dem Erfolg der Frauen-Mannschaft bedeutet Ovtcharovs Sieg die zweite Goldmedaille der Europaspiele. Das deutsche Männer-Team hatte die Krankheit von Star-Spieler Timo Boll um eine Medaille gebracht. Es wurde am Ende Vierter.
(Quelle: DOSB)
In einem spannenden Finale besiegte Ovtcharov den Weißrussen Samsonow.