Worldcup

Silber: Ringer Ewald nutzt die Gunst der Stunde

Autor: DOSB
3 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 17. Juni 2015

In der Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm hatte der Athlet vom SV Germania 04 Weingarten seinen Viertelfinalkampf gegen Uladzislau Andrejeu verloren und eigentlich keine Chance mehr auf eine Medaille, geschweige denn aufs Finale. Da der Weißrusse und sein georgischer Gegner Wladimir Chinchegaschwili jedoch im Halbfinale plötzlich drastisch die Stilart wechselten und sich eine wüste Schlägerei auf der Matte lieferten, wurden beide „wegen Brutalität im Kampf“ disqualifiziert - und Ewald rückte in die Runde der besten Vier nach.

Dort packte Ewald dann vor mehr als 6000 Zuschauern in der Heydar Aliyev Arena auch die Gelegenheit beim Kragen und bezwang den Albanier Islam Islamaj 4:0 - und stand so am Abend plötzlich im Duell mit Wiktor Lebedew aus Russland um Gold. Ein Sieg, so sagte Jannis Zamanduridis, der Sportdirektor im Deutschen Ringer-Bund, wäre allerdings einer Sensation gleichgekommen. Ewald unterlag dann auch 0:8, freute sich aber dennoch riesig über Silber. „Ich wollte definitiv zeigen, dass ich in dieses Finale gehöre“, sagte er, „aber muss neidlos anerkennen, dass der Russe stärker ist.“

Ersten Erfolg seiner Karriere errang Ewald auch in Baku

„Wegen mir könnten mehr Turniere hier in Baku sein“, sagte der überglückliche Ringer mit der Medaille in der Hand. Seinen ersten großen Erfolg hatte er hier bei der Militär-Weltmeisterschaft im Jahr 2006 als Fünfter, bei der EM 2010 war Ewald wieder in der Heydar Aliyev Arena Dritter - „und jetzt hole ich Silber“. Einmal in Schwung, brach der Athlet gleich noch eine Lanze für seine Sportart, die noch vor kurzem um das Verbleiben im Olympischen Programm bangen musste. „Wer die Atmosphäre hier erlebt, der weiß, dass Ringen zu Olympia gehört wie die Blumen zur Siegerehrung“, sagte Ewald.

Das Turnier in Baku zählte zugleich als Europameisterschaft. Deshalb werte er dieses Silber wie eine EM-Medaille, sagte Ewald. „Aber es hat eigentlich mehr Bedeutung.“ Zum einen, weil diese ersten Europäischen Spiele doch eine ganz eigene Atmosphäre vermittelten. Zum anderen, weil die Medaille das silberne Ende einer langen Leidenszeit ist.

Schwere Verletzungen haben Ewald oft zurückgeworfen

Seit zehn Jahren kämpfe er auf diesem Niveau, doch sei er immer wieder durch schwere Verletzungen zurückgeworfen worden, erzählte Ewald. Zweimal hatte er so Olympia verpasst. „Da ist dieser Erfolg Belohnung für die vergangenen Jahre. Eigentlich ist es für mich wie ein Märchen“, sagte er. Man müsse auf seinen Erfolg warten können. „Ich glaube, wer fleißig ist, der wird irgendwann belohnt. Es fragt sich nur wann und wie. Ich weiß, dass das glückliche Umstände waren, aber ich habe es mir verdient. Nur Lotto darf ich definitiv nicht mehr Spielen. Das Glück ist aufgebraucht.“

In dieser Stimmung war es ihm auch ein Bedürfnis, seinem Zwillingsbruder Christoph zu danken. Auch der ringt, zugleich in derselben Gewichtsklasse, war auch Deutscher Meister, ist aber vor allem Marcels Trainingspartner. „Wir haben schon darum gerungen, wer als Erster auf die Welt kommt“, sagte Ewald. „Auch da habe ich gewonnen, und seitdem steht Christoph ein wenig im Schatten.“

Nun geht der Ringer die Aufgabe Olympia-Qualifikation mit neuem Schwung an. „Das wird sehr schwer“, sagte Ewald. „Aber ich tue alles dafür.“ Schon seiner Frau zuliebe, die aus Rio de Janeiro stammt.

Ewald: "Jetzt geht es um Rio"

„Es geht im Sport auch um Chancenverwertung“, sagte Jannis Zamanduridis, und zeigte sich sehr froh für seinen Ringer, der im Jahre 2010 zum Ringer des Jahres gewählt worden war. „Marcel hat sein Leben lang hart gearbeitet und nun das Glück des Tüchtigen, welches er konsequent genutzt hat“, erklärte der Sportdirektor. Im Übrigen sei die Disqualifikation von Andrejeu und Chinchegaschwili „völlig richtig“ gewesen. Beide hatten nur vom Ringrichter getrennt werden können. „Es war wie beim Boxen“, befand Zamanduridis.

Die dennoch völlig unsportliche Einlage hatte dann auch erfreuliche Auswirkungen für den Moldawier Alexandru Chirtoaca. Der durfte vor dem Finale gegen den Verlierer des neu zusammengefundenen Halbinals, Islamaj, um eine der beiden Bronzemedaillen kämpfen und nutzte die Chance. Auch das geschah völlig den Regeln entsprechend: Danach durften alle Athleten, die gegen Ewald verloren hatten, noch einmal im Hoffnungslauf antreten; allerdings blieb als einziger Islamaj übrig.

Die anderen deutschen Ringer Samet Dülger, Georg Harth und Gabriel Seregelyi verloren jeweils ihren ersten Kampf.

(Quelle: DOSB)


Mit dem Russen Wiktor Lebedew rang Ewald um Gold, unterlag aber klar.