Für die deutschen Turnfrauen war es am Ende knapp. Sie erkämpften sich hinter den favorisierten Russinnen den zweiten Rang im Mannschaftswettbewerb und verwiesen die Niederlande mit 0,3 Punkten Vorsprung auf den dritten Platz. Leah Grießer (TG Neureuth), Sophie Scheder (TuS Chemnitz-Altendorf) und Elisabeth Seitz (MTV Stuttgart) wurden damit für einen sehr guten ersten und einen ordentlichen zweiten Tag belohnt, wie es Bundestrainerin Ulla Koch sagte: „Ich bin total stolz auf die Mädchen, zusammen mit den Heimtrainern, denn wir denken und wollen das Gleiche.“
Großen Respekt bezeugte Koch gegenüber Seitz. Die 21-Jährige war noch im November nach eine Fußoperation mehr damit beschäftigt, überhaupt wieder Sport treiben zu können, als an einen Podiumsplatz bei den Europaspielen zu denken. Doch in Baku präsentierte sie sich wieder in sehr guter Verfassung. Am Vortag hatte sie mit einer Klasseleistung am Stufenbarren überzeugt. Sophie Scheder turnte sich gleichmäßig gut durch die Geräte, die 18-jährige steht am Donnerstag und Samstag in den Finals von Mehrkampf, am Stufenbarren und Schwebebalken. Für die Jüngste im Dreierbund war alles „gigantisch“, Leah Grießer (16) genoss den Moment, schwärmte von Lärm und Jubel in der Halle und gönnte sich das erste Eis seit einer gefühlten Ewigkeit. „Die beiden jungen haben sich toll geschlagen und meinen Respekt für Elisabeth, die so stark von ihrer Verletzung zurückgekommen ist“, meinte Ulla Koch.
Der fünfte Platz der deutschen Männer war zwar weniger als erwartet, aber trotzdem eine gute Sache, wie Fabian Hambüchen (TSG Niedergirmes) befand. Nach den Fehlern des ersten Tages drehte das Team den Wettkampf noch ins Positive. Ein „weißer Tag nach einem dunkelgrauen“, meinte Cheftrainer Andreas Hirsch. Am Vorabend hatte die Mannschaft mit Hambüchen, Andreas Toba (TK Hannover) und Sebastian Krimmer (MTV Stuttgart) die Stimmung mit einem Spieleabend ins Konstruktive gewendet und präsentierte sich am Montag bei Sprung, Barren und Reck deutlich verbessert. Hambüchen turnte sich dabei ins Mehrkampfinale und darf am Donnerstag ebenfalls noch an Boden, Reck und Ringen die Einzelfinals bestreiten.
Ringerin Focken holt Bronze
Ringer-Weltmeisterin Aline Focken (Germania Krefeld) hatte in ihrer Klasse bis 69 Kilo, in der erst seit 2014 gerungen wird, im Kampf um Platz drei mit ihrer österreichischen Trainingspartnerin Martina Kuenz zu tun. „Das war natürlich cool“, sagte die 24 Jahre alte Freistil-Kämpferin. „Es wird immer knapper zwischen uns und deshalb bin ich froh, dass es doch so ein klares Ergebnis geworden ist.“ Focken konnte sich über einen Schultersieg in der ersten Runde freuen. Im Halbfinale hatte sie zuvor gegen Ukrainerin Alina Stadnik Machinia verloren. „Sie liegt mir vom Stil her gar nicht. Ich habe viermal gegen sie gerungen, es wurde immer enger, ich merke es auch, aber ich muss noch einen Weg finden, um sie zu schlagen“, meinte Focken, die die Europaspiele in guter Erinnerung behalten wird: „Ich hatte die Erwartung, hier zu einer Art Europameisterschaft zu kommen, bin jetzt aber beeindruckt von der Dimension der Veranstaltung und der Begeisterung fürs Ringen hierzulande.“
Eine Niederlage erlitt Jacqueline Schellin (bis 48 kg) in ihrem Bronzekampf gegen die Russin Valentina Islamowa Brik. „Die erste Runde war knapp, dann habe ich versucht, offensiver zu ringen, weil ich die Medaille unbedingt haben wollte. Ich wusste, dass ich was probieren musste, weil meine Gegnerin nochmal kommen würde“, sagte die Ringerin des TV Mühlacker.
Tischtennis-Herren verlieren Spiel um Platz drei
Das Spiel der Tischtennis-Herren um die Bronzemedaille geriet zu einem seltsamen Schauspiel. Abermals mussten die deutsche Mannschaft ohne den an einer Lebensmittelvergiftung erkrankten Timo Boll (Borussia Düsseldorf) antreten – nach den Regeln ohne die Möglichkeit, ihn zu ersetzen. Und damit zugleich wie schon am Vortag unter dem Zwang, mit zwei Niederlagen in die Begegnung zu gehen und alle Spiele gewinnen zu müssen. Das war schon nach dem ersten Einzel vorbei.
Patrick Baum (TTC Fula) unterlag Daniel Habesohn 0:3, und der Sieg von Team Austria stand fest. Dennoch musste bis zum tatsächlichen dritten Punkt für Österreich gespielt werden. Das zweite Einzel, Boll gegen Robert Gardos, ging kampflos verloren. Das Doppel Baum/Dimitrij Ovtcharov unterlag dann Habesohn und Stefan Fegerl mit 1:3.
„So eine Situation kostet körperlich und mental eine Menge Kraft“, sagte Ovtcharov. „Ich bin es nicht gewohnt, in Europa mit der Mannschaft solche Spiele zu machen, denn mit einem fitten deutschen Team geht es immer um Gold.“
„Vor allem für die Zuschauer war es der Wahnsinn", sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf. „Sie bezahlen Geld, um das Spiel um Bronze zu sehen, und nach dem ersten Einzel liegen sich die Österreicher in den Armen und haben das Spiel gewonnen.“ Er hoffe, ergänzte er, „dass sich die verantwortlichen Leute im Hinblick auf 2016 jetzt Gedanken machen. Hier hat man auf drastische Weise gesehen, was passiert, wenn im Reglement die falschen Entscheidungen getroffen werden.“
Das sahen auch die österreichischen Sieger so. „Dass kein Ersatz bei Europaspielen möglich ist, ist ein Witz. Schlimmer noch: Für das Team und die Zuschauer ist das eine Katastrophe“, sagte Daniel Habesohn. „Das EOC sollte darüber nachdenken, dass auch kurzfristig immer etwas passieren kann.“
Noch steht nicht fest, ob Timo Boll für das Einzelturnier wieder bei Kräften sein kann. Der Bundestrainer sagte, er hoffe, dass sich der Zustand des Athleten bis zum Beginn für die Top-16-Gesetzten am Mittwoch bessere. Ersetzt werden könnte er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. „Timo ging es heute schon etwas besser“, sagte Roßkopf. „Er wird morgen testen, ob und was geht. Wir haben die Hoffnung, dass wir im Einzel zwei Spieler aufbieten können.“
Boll selbst meldete sich über Facebook bei seinen Fans zu Wort. Doch sein eigenes Bulletin verhieß nicht Gutes. „Auch im Einzel sehe ich meine Einsatzchancen schwinden“, schrieb er. „Denn ich fühle mich weiterhin sehr schwach.“
Klare Angelegenheiten im Wasserball und Niederlage im Volleyball
Mit 17:7 schlugen die Wasserball-Junioren den Gastgeber Aserbaidschan. Denis Strelezkji gelangen dabei gleich sieben Treffer. Die Juniorinnen mussten sich hingegen deutlich mit 5:14 Griechenland geschlagen geben. Die deutsche Treffer erzielten Nadine Hartwig (2), Alena Schmiedel und Aylin Fry.
Die deutschen Volleyballerinnen mussten ihre erste Niederlage hinnehmen. Gegen Serbien unterlagen die "Schmetterlinge" mit 1:3.
(Quelle: DOSB)
Haben sich Silber im Team geschnappt: Die Turnerinnen Leah Grießer und Elisabeth Seitz (v.l.). Foto: DOSB