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Was der Sport leisten kann

Autor: DOSB
3 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 17. Juni 2015

Ukrainer mit Russen, Aserbaidschaner mit Armeniern und Kosovaren mit Serben – in einem Dorf, unter einem Dach, in einer Mensa, an einem Tisch und unter von allen akzeptierten Regeln im sportlichen Wettstreit. Womit sich die Politik naturgemäß schwer tut, bringt der Sport spielerisch zustande: Er vereint. Nicht „par ordre du mufti“, sondern als Selbstverständlichkeit. So ist es in diesen Tagen wieder bei den Europaspielen zu erleben.

Dies gelingt den Athletinnen und Athleten, indem sie politische Auseinandersetzungen außen vor lassen. „Wir zeigen, wie es gehen kann: Dass es halt auch anders funktioniert, dass wir uns alle gegenseitig akzeptieren und tolerieren – egal aus welcher Nation man kommt“, sagte Deutschlands Fahnenträger, Turner Fabian Hambüchen, vor Beginn der vieldiskutierten Premiere der Europaspiele in Baku/Aserbaidschan. Sie finden in einem Land statt, das von Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Staatsbesuch von Präsident Alijev im Januar in Berlin für die Umsetzung der Menschenrechte kritisiert, zugleich aber als „Partner von wachsender Bedeutung“ bezeichnet wurde. Und auch die EU sucht den Schulterschluss mit Aserbaidschan und spricht bei ihren Verhandlungen über eine „Energie-Union“ von einem „strategischen Partner“.

Auch der DOSB hat sich mit den Fragen zu Menschenrechten, Meinungs- und Pressefreiheit vor den Spielen intensiv auseinander gesetzt. Dazu führte der Vorstandsvorsitzende Michael Vesper zahlreiche bilaterale Gespräche, u.a. mit Menschenrechtsgruppen, der Bundesregierung, aber auch mit Vertretern der aserbaidschanischen Regierung. „Man muss eben gerade die Chance solcher Spiele nutzen, um auf die unbefriedigenden und - je nach Thema - inakzeptablen Situationen hinzuweisen“, sagte Präsident Alfons Hörmann jüngst und unterstützte damit Athletensprecher Christian Schreiber, der gesagt hatte: „Als Athleten in Deutschland können wir unseren Sport und unser Leben frei von Angst vor politischer Verfolgung und vor allem mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gestalten. Die Einhaltung von grundlegenden Menschenrechten und das Recht, deren Nichteinhaltung zu kritisieren, steht somit außer Frage.

Und trotz der Kritikpunkte muss ein Miteinander möglich sein, denn das Gegeneinander führt zu Konfrontation und Isolation. So ist es als gutes Zeichen zu werten, dass Armenien bei den Europaspielen in Baku mit einer Mannschaft an den Start gehen darf, obwohl das Land seit mehr als 20 Jahren Gebiete Aserbaidschans okkupiert hält. Vier Resolutionen wurden vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verabschiedet, in denen der bedingungslose Rückzug der armenischen Truppen gefordert wurde. Keine ist umgesetzt worden. Trotzdem starten Armenier in Baku. Die European Olympic Committees (EOC) haben darauf bestanden.

Ja, die armenische Mannschaft wurde bei der Eröffnungsfeier ausgebuht. Und als im Ringen ein Armenier gegen einen Aserbaidschaner kämpfte, drohte die Halle zu platzen. Trotzdem hat diese Teilnahme großen Wert. Denn sie zeigt, dass man sich trotz aller Gegensätzlichkeiten auf gemeinsame Regeln verständigen kann. Das ist keine Symbolpolitik des Sports, sondern es zeigt der Politik, was der Sport praktisch zu leisten im Stande ist. Nachmachen empfohlen.

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier als DOSB-Blog veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.

Sport bringt verfeindete Nationen zusammen: Elman Mukhtarov aus Aserbaidschan in blau gewinnt die Bronzemedaille gegen Roman Amoyan aus Armenien. Foto: Getty Images for BEGOC