Das vergangene Wochenende bot wieder Wintersport ohne Ende. Wir haben die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.
Biathlon
Beim Heimspiel in Oberhof kämpft das deutsche Team mit dem mentalen Druck. Die Single-Mixed-Staffel liefert immerhin.
Julia Tannheimer wischte sich die Tränen aus den Augen, die 19-Jährige war nach ihrem Missgeschick in der Mixed-Staffel untröstlich. Nach zwei Strafrunden des Toptalents gab das deutsche Quartett den möglichen Sieg aus den Händen und verpasste auf einem enttäuschenden fünften Rang das Happy End beim stimmungsvollen Heimweltcup von Oberhof.
Zwar hatten am Sonntag zunächst Selina Grotian und Justus Strelow vor 16.000 Zuschauern am Rennsteig in der Single-Mixed-Staffel für kurze Party-Atmosphäre gesorgt. Strelow schwärmte von einem "geilen Tag". Doch letztendlich überwog im Thüringer Wald der Frust im Team des Deutschen Skiverbandes (DSV), nachdem es schon in den Einzelrennen nur ganz seltene Lichtblicke gegeben hatte.
So passte das Schießen von Tannheimer zum Abschluss am Rennsteig ins Bild. "Ich weiß ehrlich nicht, an was es gelegen hat. Vielleicht habe ich den Wind falsch eingeschätzt. Keine Ahnung", sagte sie und rang um Fassung. "Dass die Julia vor dieser Kulisse irgendwas mal nicht perfekt macht, war abzusehen. Diese Erfahrung muss sie machen, um eine Große zu werden", ergänzte DSV-Sportdirektor Felix Bitterling.
Ein schwacher Trost für Tannheimer war, dass sich auch Franziska Preuß, immerhin Führende im Gesamtweltcup, als Schlussläuferin der Mixed-Staffel eine Strafrunde leistete. "Es kam die berühmte Nähmaschine. Ich habe die Waffe nicht mehr ruhig gekriegt", sagte die 30-Jährige und fügte enttäuscht an: "Das war nicht meine Woche. Da war der Wurm drin."
Dennoch richtete Preuß tapfer den Blick in Richtung ihres Heimrennens in Ruhpolding, wo es schon am Mittwoch weitergeht. "Ich hoffe, dass ich den Schalter umlegen kann. Das war nicht das Gelbe vom Ei, aber das hilft ja nichts. Ich muss das abhaken und mit frischem Wind in Ruhpolding an den Start gehen."
Das gilt für die ganze Mannschaft, nachdem die ernüchternden Leistungen vor allem am Schießstand in den Einzelrennen von Oberhof für einige Sorgenfalten bei den DSV-Verantwortlichen gesorgt hatten. "Man kann nicht zufrieden sein. Gerade zu Hause haben wir uns mehr vorgenommen", hatte Bitterling bereits vor Abschluss der Wettbewerbe in aller Deutlichkeit im ZDF gehadert. Vier Einzelrennen, kein Podestplatz - viel zu wenig für das ambitionierte deutsche Team, das noch vor dem Jahreswechsel konstant geglänzt hatte.
Es sei kein "generelles Schießproblem, das Problem ist zwischen den Ohren", sagte Bitterling. Jeder spüre vor dem eigenen Publikum "den Druck, wir wollen es besonders gut machen". Bei einem Fußballer habe der Sportdirektor "aber noch nie gehört, dass er bei einem Heimspiel über Druck klagt". Es sei aber auch nicht so, fügte Bitterling an, "dass wir Biathlon verlernt haben oder die große Krise haben. Die Fallhöhe war sehr hoch. Aber wir werden uns sortieren und wieder angreifen."
Viel Zeit für Ärger bleibt ohnehin nicht, bereits am Mittwoch geht es beim nächsten Heimspiel in Ruhpolding mit dem Einzel der Männer weiter. "Die Jungs können alle gut schießen", sagte Strelow: "Das werden sie dann in Ruhpolding auch wieder zeigen."
Ski Alpin
Sechste beim Abfahrts-Comeback, Vierte im Super-G: Lindsey Vonn nähert sich mit riesigen Schritten dem Podest, auch die Deutschen dürfen zufrieden sein.
Lindsey Vonn setzte sich ihre Micky-Maus-Wollmütze auf den Kopf und gab sich selbst den Partybefehl. Platz sechs bei der ersten Abfahrt seit ihrem Comeback, erst recht aber Rang vier im Super-G werde mit "ein paar Red-Bull-Wodkas" begossen, kündigte die einstige Speed Queen in St. Anton mit strahlendem Lächeln an. Sie hatte allen Grund dazu: Vonn nähert sich bei ihrer märchenhaften Rückkehr rasant dem Podest und gehört drei Wochen vor der WM wieder zu den ernsthaften Medaillenkandidatinnen.
Zu den Anwärtern auf Edelmetall zählt auch Linus Straßer, der als Vierter beim schwierigen Slalom von Adelboden ebenso sein bestes Saisonergebnis einfuhr wie Kira-Weidle-Winkelmann als Sechste im Super-G am Arlberg. Doch im Mittelpunkt allen Interesses stand auch an ihrem zweiten Rennwochenende seit ihrem Rücktritt vom Rücktritt Lindsey Vonn.
"Das ist ein großer Tag für mich, der Wahnsinn", jubelte sie schon nach ihrer fulminanten Abfahrt am Samstag und sprach angesichts all der Kritik von einer Genugtuung: "Das war meine Antwort!" Im Super-G legte sie mit einem "wilden Rodeo" noch einen drauf, aus der einstigen Speed-Queen wird die Comeback-Queen. Taktisch sei sie wieder die Alte, betonte Vonn, "ich weiß genau, wo ich Linie geben oder direkt fahren muss", nur die körperliche Form sei noch nicht bei hundert Prozent.
Es reichte, um die Konkurrenz aufzuschrecken. In der Abfahrt lag sie bis zur letzten Zwischenzeit auf Podestkurs, am Ende fehlten 0,58 Sekunden auf Federica Brignone, die erstmals in der Königsdisziplin gewann. "Es ist ein unglaubliches Comeback", staunte die Italienerin über Vonn, "ich hatte echt die Befürchtung, dass sie gewinnt."
Im Super-G verhinderte nur ein Beinahe-Ausflug im Mittelteil die erste "Stockerl"-Fahrt der 40 Jahre alten US-Amerikanerin seit WM-Bronze 2019 (Abfahrt), es fehlten 38 Hundertstel. Von Teamkollegin Lauren Macuga, die ihren ersten Sieg holte, trennten sie 1,24 Sekunden.
"Ich weiß, ich kann mich noch verbessern", sagte Vonn, "das ist mein Ziel - jeden Tag einen weiteren Schritt." Bis zur WM in Saalbach mit den Speedrennen am 6. und 8. Februar. Mit Blick auf den Saisonhöhepunkt schickte Vonn schon mal eine saftige Kampfansage an ihre Rivalinnen: "Ich habe nichts zu verlieren."
Das gilt auch für Weidle-Winkelmann, die sich von ihrem Trainingssturz in Beaver Creek gut erholt hat und schon als Abfahrtszwölfte aufsteigende Tendenz zeigte. Im Super-G war sie nur einmal besser als in St. Anton. "Das Skifahren war gut, es waren gute Schwünge dabei, ich hatte ein gutes Gefühl", sagte sie: "Das nehme ich mit und baue es die nächsten Wochen weiter auf."
Straßer hatte sogar den erlösenden ersten Podestplatz in diesem Winter dicht vor Augen, verlor ihn in der Nebelsuppe von Adelboden aber noch aus dem Blick. Nach einem unrunden zweiten Lauf fiel der Münchner beim dritten Saisonerfolg von Olympiasieger Clément Noel aus Frankreich um zwei Ränge zurück. "Schade", sagte Straßer, der 0,83 Sekunden hinter dem "Stockerl" landete, aber: "Es war trotzdem ein großer Schritt."
Bob
Auch ohne seinen derzeit freigestellten Anschieber Simon Wulff hat Bob-Dominator Francesco Friedrich seine Vormachtstellung im Weltcup mit einem perfekten Wochenende zurückerobert. Der Sachse siegte auf der Natureisbahn in St. Moritz im Vierer mit seinen Anschiebern Matthias Sommer, Alexander Schüller und Felix Straub vor Dauerrivale Johannes Lochner und dem Briten Brad Hall. Bei den Frauen feierte am Morgen Kim Kalicki ihren ersten Saisonsieg. Im Zweier setzte sich die Wiesbadenerin bei einem deutschen Dreisachsieg mit Anschieberin Leonie Fiebig vor Laura Nolte und Lisa Buckwitz durch.
Rodeln
Max Langenhan ist nach drei Rennen ohne Sieg und teils herben Enttäuschungen auf seiner Weltmeisterbahn in Altenberg mal wieder der Schnellste. Gemeinsam mit Felix Loch setzt er nach Wochen österreichischer Dominanz wieder ein Ausrufezeichen.
Felix Loch sprang in den Eiskanal und herzte Max Langenhan ausgiebig. Arm in Arm und freudestrahlend posierten die beiden besten deutschen Rodler für die Kameras und machten sich nach langem Warten endlich wieder gemeinsam auf den Weg zum Podium. Für Langenhan ging es dort erstmals seit dem Saisonauftakt in Lillehammer ganz nach oben.
"Es ist natürlich richtig schön, dass ich mit Felix da oben stehen darf", schwärmte Langenhan: "Die Österreicher sind diese Saison fast unschlagbar gewesen. Ich hoffe, wir können den Flow mitnehmen." Von deutscher Rodel-Dominanz war in den vergangenen Wochen nichts mehr zu sehen gewesen. Stattdessen setzten die Österreicher ein Ausrufezeichen nach dem anderen.
Doch nun scheint die große Delle erst einmal ausgebessert. Nach einem ersten Formanstieg und Platz zwei und fünf in Sigulda feierten Langenhan und Loch beim Heim-Weltcup in Altenberg den ersten Doppelsieg seit dem Sprint-Rennen in Lake Placid vor mehr als einem Jahr.
Einen deutschen Doppelsieg gab es bei den Frauen nicht, dafür eine herbe Enttäuschung für Julia Taubitz: Die fünfmalige Weltmeisterin kam am Sonntag bei ihrem Heimspiel nach einem groben Patzer im zweiten Lauf nur auf den zehnten Rang und verpasste beim Sieg der Österreicherin Madeleine Egle zum zweiten Mal in Folge das Podium.
Erfreulich aus deutscher Sicht: Anna Berreiter als Zweite und Merle Fräbel als Dritte komplettierten nach starken Läufen hinter Egle das Podest. "Ich habe ein gutes Rennen abgeliefert. So kann es weitergehen", sagte Berreiter. Fräbel sprach von einem "nervenaufreibenden Rennen" und einer "Aufholjagd, die für mich gut geendet ist." Taubitz verlor in der Gesamtwertung derweil weiter an Boden auf Egle und Weltmeisterin Lisa Schulte aus Österreich.
Langenhan hingegen, der in Altenberg im vergangenen Jahr seinen ersten WM-Titel gefeiert hatte, rückte in der Gesamtwertung wieder nah an den führenden Nico Gleirscher heran. Auch Loch war mit seiner zweiten Podestplatzierung seit mehr als einem Monat "mega zufrieden" und blickte bereits nach vorne. "So können wir gut in die letzten zwei Weltcups vor der WM reingehen. Das ist fürs Selbstvertrauen nochmal gut", erklärte der Olympiasieger von Vancouver und Sotschi. Am kommenden Wochenende geht es mit dem nächsten Heim-Weltcup in Winterberg, der gleichzeitig als EM gewertet wird, weiter.
Im Doppelsitzer feierten die Sportler des Bob- und Schlittenverbands für Deutschland am Samstag zudem weitere Erfolgserlebnisse. Das erfahrene Duo Tobias Wendl und Tobias Arlt, das im lettischen Sigulda zuletzt den ersten Saisonsieg gefeiert hatte, verpasste den 54. Karriereerfolg auf Rang zwei nur um 0,123 Sekunden.
Bei den Frauen fuhren die zweimaligen Weltmeisterinnen Jessica Degenhardt und Cheyenne Rosenthal auf Degenhardts Heimbahn ebenfalls auf Platz zwei. Das Duo landete am Morgen hinter den amtierenden Weltmeisterinnen Madeleine Egle und Lisa Schulte aus Österreich zum vierten Mal in der laufenden Saison auf dem Silberrang.
In der abschließenden Teamstaffel landete das deutsche Team in der Besetzung Langenhan, Berreiter, Wendl/Arlt und Degenhardt/Rosenthal auf dem zweiten Rang hinter Lettland.
Skeleton
Skeleton-Olympiasiegerin Hannah Neise hat in St. Moritz ihr bislang schlechtestes Saisonergebnis erzielt und die Führung im Gesamtweltcup verloren. Die 24-Jährige, nach dem ersten Lauf nur Siebzehnte, fuhr auf der Natureisbahn auf den 14. Rang. Den Sieg feierte die Österreicherin Janine Flock, die Neise als Führende im Klassement ablöste. Jacqueline Pfeifer belegte als beste deutsche Starterin den sechsten Platz.
Bei den Männern wurde Olympiasieger Christopher Grotheer Zweiter und setzte seine Podestserie fort. In jedem Rennen, in dem er in dieser Saison antrat, schaffte er es unter die besten Drei. Den Sieg vor dem 32-Jährigen sicherte sich der Gesamtweltcupführende Matt Weston aus Großbritannien. Axel Jungk (Platz 4) und Lukas David Nydegger (6.) zeigten ebenfalls ein starkes Rennen, Felix Keisinger wurde 18.
Im abschließenden Mixed-Team waren Neise und Grotheer nicht am Start, dafür holten sich Pfeifer und Jungk gemeinsam den Sieg. Susanne Kreher und Nydegger kamen auf Rang sieben.
Grotheer, der aufgrund eines kleines Muskelfaserrisses im Dezember beim Rennen in Sigulda nicht angetreten war, hat nur noch theoretische Chancen auf den Gesamtweltcupsieg. Aktuell belegt er den dritten Platz hinter Weston und Marcus Wyatt (Großbritannien).
Neise sagte nach dem Rennen, dass sie "absolut nicht" zufrieden sei: "Eigentlich bin ich ganz gut gefahren, zumindest im zweiten Lauf. Im ersten bin ich sehr gerutscht." Die weiteren deutschen Starterinnen Kreher und Corinna Leipold landeten auf den Rängen zehn und zwölf.
Das achte und letzte Weltcuprennen findet am 7. Februar in Lillehammer/Norwegen statt. Im März folgen noch die Weltmeisterschaften in Lake Placid/USA.