
Topstar Pogacar hat bei seinem Debüt bei der "Königin der Klassiker" das Nachsehen. Van der Poel gewinnt zum dritten Mal in Folge. Jonas Rutsch sorgt aus deutscher Sicht für ein Highlight.
"Das war ein sehr guter Tag"
Mathieu van der Poel reckte gerührt den mächtigen Pflasterstein des Siegers in die Luft, Tadej Pogacar musste sich mit einem Kuss seiner Verlobten Urska Zigart trösten. Im epischen Duell der Radsportgrößen hat Klassiker-König van der Poel dem Weltmeister die Grenzen aufgezeigt und bei Paris-Roubaix seinen dritten Titel in Folge gefeiert. Für Pogacar reichte es bei seinem Debüt in der "Hölle des Nordens" nur für den ungewohnten zweiten Rang - auch wegen eines folgenschweren Fahrfehlers.
"Das bedeutet mir viel. Es ist so ein hartes Rennen und ich habe sehr gelitten", sagte van der Poel nach den 259,2 hart umkämpften Kilometern - über 55 davon über Kopfsteinpflaster: "Es ist bitter, dass Tadej diesen Fehler in der Engstelle hatte, aber es war immer noch ein langer Weg für mich."
38 km vor dem Ziel war Pogacar deutlich zu schnell in eine Kurve gefahren - er versteuerte sich und kam zum Stehen. Der Weltmeister musste van der Poel, mit dem er sich zu diesem Zeitpunkt schon in einem Privatduell der Topfavoriten befand, ziehen lassen.
Vorentscheidend - denn der Niederländer ließ sich nicht mehr einfangen und schwang sich im Solo zum ersten Fahrer seit dem Italiener Francesco Moser (Sieger von 1978-1980) auf, der seinen Titel zweimal hintereinander erfolgreich verteidigte. 1:18 Minuten betrug sein Vorsprung im Ziel.
Pogacar, der van der Poel vergangene Woche bei der Flandern-Rundfahrt noch geschlagen hatte, muss also weiter auf die Erfüllung seines nächsten Karrieretraums warten. Drei der fünf Monumente, der wichtigsten Eintagesrennen im Radsport, hat der Weltmeister bislang gewonnen - bei Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix war er noch nicht erfolgreich.
"Die Atmosphäre war fantastisch, aber es war eines der härtesten Rennen, die ich je gefahren bin", sagte Pogacar nach einem trotzdem beeindruckenden Debüt bei der "Königin der Klassiker": "Ich bin einfach zu schnell in die Kurve gefahren und am Ende habe ich dann sehr gelitten."
Deutlich besser war die Stimmung bei Jonas Rutsch, der für eine positive Überraschung aus deutscher Sicht sorgte. "Das war ein sehr guter Tag, aber im Moment bin ich einfach nur komplett fertig", sagte der 27-Jährige - mit 3:46 Rückstand letztlich Sechster. Platz drei ging bei der 122. Ausgabe des wichtigsten der Frühjahrs-Klassiker an den dänischen Ex-Weltmeister Mads Pedersen (Lidl-Trek).
Gegen 11.30 Uhr hatten sich die Fahrer in die Hatz durch den Norden Frankreichs gestürzt. Die obligatorischen Stürze und Defekte blieben auch bei der 122. Ausgabe nicht aus, zum ganz großen Drama kam es auf den 30 gefürchtete Pavés, den Kopfsteinpflaster-Sektoren, aber nicht.
Tour-de-France-Sieger Pogacar ließ bereits 103 km vor dem Ziel erstmals die Muskeln spielen. Seine Kontrahenten waren aber auf der Hut - die großen Namen rasten nahezu geschlossen auf die berüchtigte Schlüsselstelle im Wald von Arenberg zu.
Nach und nach fielen die Mitfavoriten um Pedersen und Wout van Aert (Visma - Lease a Bike) aber zurück. Rund 45 km vor dem Ziel nahm schließlich das von den Fans erträumte Privatduell der Topfavoriten Pogacar und van der Poel Fahrt auf.
Doch Pogacar unterlief nach nur kurzer Zeit der Zweisamkeit der folgenschwere Fauxpas. Van der Poel ließ sich von einem respektlosen Zuschauer nicht beirren, der ihm eine Trinkflasche ins Gesicht warf, und überstand auch einen kleineren Defekt, ohne das Pogacar noch einmal aufschließen konnte.
Die Platzierungen der deutschen in der Übersicht:
Jonas Rutsch 6.
Marius Mayrhofer 19.
Phil Bauhaus 23.
Max Walscheid 59.
Kim Heiduk 79.
Michael Schwarzmann 90.
Paris - Roubaix Femmes
Die Kanadierin Alison Jackson hat beim Radklassiker Paris-Roubaix für eine Überraschung gesorgt und den größten Sieg ihrer Karriere gefeiert. Im Velodrome von Roubaix setzte sich die 34-Jährige vom Team EF Education-Tibco-SVB im Zielsprint einer sechsköpfigen Spitzengruppe vor der Italienerin Katia Ragusa (Liv Racing TeqFind) durch und verwies die Favoritinnen auf die weiteren Plätze.
"Ich kann es nicht in Worte fassen", sagte Jackson nach ihrem Triumph, der ihr die begehrte Pflasterstein-Trophäe bei der "Hölle des Nordens" sicherte: "Es ist ein Traum, der wahr geworden ist."
Die Verfolgergruppe um die favorisierte Belgierin Lotte Kopecky (SD Worx) und die Niederländerin Marianne Vos (Jumbo-Visma) hatte es nicht mehr geschafft, die Lücke zur Spitze zuzufahren. Mit zwölf Sekunden Rückstand auf Jackson gewann Kopecky, die zuvor bei der Flandern-Rundfahrt triumphiert hatte, den Sprint der Verfolger und wurde Siebte. Vos beendete die Königin der Klassiker auf Rang zehn.
Die dritte Austragung des Frauenrennens von Paris-Roubaix führte über 145,4 km, dabei mussten die Starterinnen 17 Sektoren mit insgesamt 29,2 km Kopfsteinpflaster bewältigen.
Die Platzierungen der deutschen in der Übersicht:
Romy Kasper 16.
Rosa Klöser 31.
Franziska Koch 42.
Lea Lin Teutenberg 73.
Linda Riedmann OTL