WM

Erfolgreiche Bahnrad WM für geschwächtes TeamD

Mit grandiosen Auftritten und zwei Goldmedaillen haben Lea Friedrich und Franziska Brauße dem deutschen Bahnrad-Team einen traumhaften WM-Abschluss beschert.

Autor: DOSB
3 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 17. Oktober 2022

Lea Friedrich hämmert wild auf ihren Lenker, dann vergoss sie minutenlang Tränen des puren Glücks und der schieren Erleichterung: Mit einem spektakulären Sieg im Keirin-Finale hat die 22-Jährige dem deutschen Team bei der Bahnrad-WM auf dem Olympia-Oval von Paris einen traumhaften Abschluss schwieriger Titelkämpfe beschert. Nur 24 Stunden nach dem Verfolgungs-Gold von Franziska Brauße sowie dem Zeitfahr-Silber von Emma Hinze beendeten Deutschlands Bahn-Stars den Olympia-Härtetest nach Maß.

"So geheult habe ich noch nie, ich kann es gar nicht glauben. Das ist einfach nur so schön", sagte die völlig aufgelöste Friedrich, die mit den letzten Körnern in den Beinen ihren Titel von 2021 erfolgreich verteidigte: "Ich wusste, wenn ich die letzte Runde sterbe, dann kann ich das packen. Und dann habe ich es durchgezogen. Meine Mama und alle anderen haben mir hier die Daumen gedrückt, das ist, was zählt."

Friedrich hatte im Hexenkessel des Velodrome National zuvor mit Hinze und Pauline Grabosch Teamsprint-Gold gewonnen und Silber im Einzelsprint geholt. Damit war sie erfolgreichste Starterinnen bei den Wettbewerben vor den Toren der Seine-Metropole. Mit nun insgesamt sieben Weltmeister-Titeln rückte Friedrich weiter an die Allerbesten der WM-Geschichte heran. Rekord-Weltmeisterinnen bei den Frauen sind die Australierin Anna Meares und die frühere deutsche Sprint-Königin Kristina Vogel mit je elf Titeln.

Das BDR-Team beendete die WM mit dreimal Gold, dreimal Silber und einmal Bronze, kam damit nicht an die Traum-Bilanz von 2021 in Roubaix (6-2-3) heran, als Deutschland die Nationenwertung gewann. Am Samstag hatte Brauße in einem wahren Bahn-Krimi in der Einerverfolgung triumphiert und als Weltmeisterin die Nachfolge ihres großen Vorbilds angetreten. "Den Titel von Lisa Brennauer zu übernehmen, ist total besonders für mich", sagte die Schwäbin, die im Vorjahr noch im WM-Finale Silber hinter der im Sommer zurückgetretenen Brennauer gewonnen hatte. Die 23-Jährige bezwang die Neuseeländerin Bryony Botha, nachdem Brauße schnell deutlich geführt hatte, danach Botha aber bis auf zwei Hundertstel wieder herankommen lassen musste. "Ich weiß nicht mehr, wie ich ins Ziel gekommen bin - an die letzte Runde habe ich überhaupt keine Erinnerung", sagte Brauße.

Nicht mehr dabei war am Sonntag im Kerin Hinze. Die 25-Jährige hatte am Tag zuvor im Zeitfahren über 500 m das erhoffte Gold knapp verpasst (Titelverteidigerin Friedrich war hauchdünn in der Qualifikation ausgeschieden) und hinter der Französin Taky Marie-Divine Kouame Silber geholt. Danach war Hinzes Tank leer. "Ich merke, dass mein Körper mir ein Zeichen gesetzt hat", sagte sie: "Es war in den letzten zwei, drei Jahren viel. Ich war in jedem Finale, das merke ich jetzt." Hinze erlebte in Paris zweimal ein bitteres blaues Wunder, vor der Niederlage gegen die erst 20 Jahre alte Kouame war die Titelverteidigerin im Sprint-Halbfinale gegen Kouames Landsfrau Mathilde Gros ausgeschieden - die frenetisch bejubelte Lokalheldin gewann im Finale gegen Friedrich Gold für Les Bleus. "Der Lärmpegel war hier schon gewaltig", sagte Hinze: "Jetzt wissen wir aber wenigstens, was in zwei Jahren bei Olympia auf uns zukommt."

Der Erfolgsverwöhnte Ausdauer-Bereich der Frauen musste auf drei Leistungsträgerinnen verzichten: Lisa Klein hat ihre Saison vorzeitig beendet; Laura Süßemilch ist nach ihrer Sturzverletzung bei der Tour de France noch nicht wieder vollständig genesen und Lisa Brennauer hat im August ihre Karriere beendet. Somit standen nur zwei Fahrerinnen aus dem Olympia-Vierer von Tokio im Aufgebot.