Deutschlands Handballerinnen wollen bei der EM aus dem Schatten der DHB-Männer treten - und nach einer gefühlten Ewigkeit wieder um die Medaillen spielen.
Siege zum Auftakt sind Pflicht
Das Vorgeplänkel ist vorbei, jetzt wollen Deutschlands Handball-Frauen liefern. "Es geht sofort von 0 auf 100 los", betonte Bundestrainer Markus Gaugisch vor dem Start in die deutsche Medaillenjagd bei der EM im ZDF-Morgenmagazin: "Jeder Punkt, den wir aus der Vorrunde mitnehmen, ist Gold wert."
Wenige Stunden vor dem Auftakt-Doppelpack in Innsbruck gegen Außenseiter Ukraine am Freitag (20.30 Uhr) und die Niederlande am Sonntag (18.00 Uhr/beide Sportdeutschland.TV) ist die Motivation im deutschen Lager am Anschlag - und das erste Ziel klar formuliert. "Die Vorrunde wollen wir als Gruppenerster abschließen. Das muss man auch, um eine realistische Chance aufs Halbfinale zu haben", sagte DHB-Kapitänin Emily Bölk dem SID.
Entsprechend sieht auch Gaugisch das deutsche Team "schon unter Druck, weil das Tableau so aussieht, dass man die Punkte aus der Vorrunde mitnimmt". Soll heißen: Nichts als zwei Siege müssen am Wochenende her, um den Traum von der ersten Medaille seit 17 Jahren nicht schon früh aus den Augen zu verlieren.
Natürlich nimmt man das Wort "Medaille" ein Jahr vor der mit Spannung erwarteten Heim-WM beim Verband nicht öffentlich in den Mund. Doch das lange Warten zehrt. Seit WM-Bronze 2007 gab es kein Edelmetall für das deutsche Frauenteam, die bislang letzte Halbfinal-Teilnahme datiert aus dem Jahr 2008. Letztmals bei einer EM auf dem Treppchen stand die DHB-Auswahl vor exakt 30 Jahren - es war die Premierenveranstaltung der kontinentalen Meisterschaft.
Gaugisch und sein Team setzen bei den Spielen in Innsbruck und Wien (Hauptrunde, Finalspiele) auf einen Heimvorteil mit vielen deutschen Fans und hoffen darauf, dass der große Knoten nach etlichen kleinen Entwicklungsschritten nun endlich platzt. Ähnlich wie bei den DHB-Männern, die mit ihrem olympischen Silber-Coup ihre erste Medaille seit acht Jahren gewannen.
"Natürlich kann das ein Vorbild sein. Es braucht diesen Moment, wo es mal klappt. So wie bei den Männern im olympischen Viertelfinale gegen Frankreich. Nach solchen Momenten glaubst du an dich", so Gaugisch. Nach Platz sieben unter ihm bei der vorherigen EM und WM-Rang sechs vor einem Jahr sagt er "ganz klar: Wir haben uns bereits sehr gut entwickelt. Aber um die Teams ganz vorne einzuholen, brauchen wir einen Sahnetag."
Die Teams ganz vorne, das waren zuletzt eigentlich immer dieselben: Olympiasieger Norwegen, Dänemark, Weltmeister Frankreich und Schweden. Norwegen und Dänemark sind mögliche DHB-Gegner in der Hauptrunde, an der die Erst- und Zweitplatzierten der Vorrundengruppen teilnehmen.
"Stabil schlagen wir die ganz großen Teams jetzt noch nicht. Aber warum soll nicht einfach mal der Tag kommen, an dem wir eines dieser Weltklasse-Teams bezwingen?", fragt Gaugisch, weiß aber sehr wohl, dass es dafür mehr Konstanz als zuletzt braucht. "Das ist ein Thema, an dem wir viel gearbeitet haben", sagte er am Donnerstag: "Das ist bei uns der Schlüssel für eine gute Leistung."
Ein gewisses Leistungslevel wird vonnöten sein, um Außenseiter Ukraine und dann vor allem die Niederlande, die in den vergangenen drei großen Turnieren jeweils knapp vor dem DHB-Team gelandet waren, zu bezwingen.