
Mit großen Emotionen beendete Markus Eisenbichler in Planica seine Karriere. Der sechsmalige Weltmeister hinterlässt eine Lücke.
"Brauche jetzt erstmal Urlaub!"
Markus Eisenbichler jubelte, fluchte und hüpfte im Team-Outfit wild herum: Auch am ersten Tag als Skisprung-Rentner war "der Eisei" ganz in seinem Element - nur die große Büchse polnischen Bieres in seiner Hand verriet, dass er gerade die Seite gewechselt hatte. 24 Stunden nach dem emotionalen Schlussakt seiner Karriere peitschte der Bayer an der Seite von Biathlon-Queen Franziska Preuß in Planica die alten Kollegen an - sein Herzenssport wird Eisenbichler nicht loslassen.
"Ich kann es noch nicht ganz fassen. Es tut weh, wenn ich die anderen jetzt fliegen sehe - ich würde am liebsten auch gleich wieder hoch", sagte der 33-Jährige unter Tränen in der ARD und verfolgte staunend den Weltrekord-Flug des Slowenen Domen Prevc auf 254,5 m: "Wir waren eine große Familie, Skispringen war mein Leben, ich werde das extrem vermissen. Aber auch jetzt wird eine schöne Zeit kommen."
Und die begann bereits am Samstag nach seiner letzten Landung beim Weltcup-Finale - die Folgen der Party mit den vielen Freunden, die neben seiner Familie den Weg ins slowenische Tal der Schanzen mitgemacht hatten, waren Eisenbichler am Sonntagmorgen sichtlich anzumerken: "Fit bin ich nicht." Zu feiern hatten der Eisei und seine Spezis, die sich beim letzten Flug mit Plakaten in den Auslauf vorgekämpft hatten, einiges.
"So ein geiler Abschluss! Das bedeutet mir unglaublich viel", sagte Eisenbichler, nachdem er als Schlussspringer die DSV-Adler im Teamwettbewerb auf Platz zwei geführt hatte - und danach in einem sektgetränkten Knäuel aus Kollegen und Kumpels verschwand. Es war der Schlussakt einer großen Karriere.
"Ich habe mit sechs, sieben Jahren angefangen zu springen. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal solche Erfolge feiern werde", sagte Eisenbichler. Er, der nach einem brutalen Sturz 2011 schon vor dem Aus stand, wurde zum Mann für die großen Momente: Sechs Weltmeister-Titel, dazu der weiteste Flug, den je ein Deutscher geschafft hatte - 248,0 m, natürlich in Planica, wo er 2019 auch den ersten von (nur) drei Weltcupsiegen gefeiert hatte.
"Das war eine saustarke Karriere", sagte Teamkamerad Andreas Wellinger, der am Sonntag beim Sieg des Slowenen Anze Lanisek im letzten Einzelwettkampf der Saison, für den sich Eisenbichler nicht qualifiziert hatte, starker Dritter wurde. Eiseis jahrelanger Intimus Karl Geiger verdrückte eine Träne "Es ist nicht nur mein Zimmerkollege, sondern auch ein guter Freund. Eisei war als Springer ein brutaler Instinktmensch und als Mensch eine ehrliche Haut."
Der Verlust Eisenbichlers und des ebenfalls zurückgetretenen Stephan Leyhes tut auch und vor allen dem deutschen Skispringen weh - wenngleich ihnen zuletzt die Form bester Tage fehlte. Ohne sie stellt sich das Aufgebot für die kommende Saison fast selbst auf: Paschke (34), Geiger (32) und Wellinger (29) werden im Olympia-Winter (teils deutlich) über 30 sein. Lediglich Philipp Raimund (24), in Planica wegen seiner Höhenangst nur Zuschauer, gehört zur jüngeren Fraktion, dahinter drückt noch niemand nach.
Eisenbichler könnte helfen, die Lücken zu schließen, liebäugelt mit einer Trainerkarriere. "Erstmal aber", sagte er glücklich, aber auch sehr erledigt, "brauche ich jetzt dringend Urlaub".