EM

"Ich liebe diesen Druck"

Alfred Gislason geht in sein viertes Turnier als Bundestrainer. Die Erwartungshaltung an den Isländer ist groß, er bleibt aber cool.

Autor: sid
2 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 08. Januar 2024

Eröffnungsspiel vor 50.000 Zuschauern

Druck vor dem Auftaktspiel? Da kann Alfred Gislason nur müde lächeln. "In dem Moment, in dem das Spiel angepfiffen wird, hat das Spielfeld die gleiche Größe wie immer", sagt der Bundestrainer trocken. Die mehr als 50.000 Zuschauer in der riesigen Fußball-Arena? "Mir ist diese Zahl völlig egal." Das Drumherum, so Gislason, "schaltet man aus".

Der Fokus auf das Wesentliche ist seit jeher eine der großen Stärken Gislasons. Seitdem der schlachtenerprobte Isländer das Bundestrainer-Amt im Frühjahr 2020 übernommen hat, hatte er immer wieder mit besonderen Bedingungen zu kämpfen. Ob mit den Auswirkungen des Coronavirus, mit Absagen prominenter Spieler oder mit Rückschlägen durch Verletzungen - gemeckert hat Gislason selten. Und doch ist dieses, sein fünftes Turnier beim DHB, ein ganz Spezielles. Auch für ihn persönlich. Nach den Plätzen zwölf, sechs (Olympia), sieben und fünf soll es mit dem Heimvorteil im Rücken noch ein Stückchen nach oben gehen.

"Ich weiß, dass wir das Halbfinale möglichst erreichen müssen", sagt Gislason in der sehenswerten ARD-Dokumentation, die den Namen "Schicksalstage des Bundestrainers" trägt. Die große Erwartungshaltung im Land, nach sieben medaillenlosen Jahren endlich wieder in die Nähe des Treppchens zu gelangen, kann ihm - zumindest äußerlich - nichts anhaben. "Ich liebe diesen Druck", so Gislason im ZDF-Sportstudio. Und man nimmt es ihm ab, dem Mann, der in seiner langen und erfolgreichen Trainerkarriere schon fast alles erlebt hat.

Die Vorfreude ist groß. Der Druck aber auch.

Gislason bescheinigt der Mannschaft kurz vor Beginn der Heim-EM eine "riesige Perspektive für die Zukunft". Es sei ein sehr junges Team, das die nächsten Jahre so zusammenbleiben könne. Bei dem bevorstehenden Turnier könne es zeigen, dass "wir vielleicht noch einen weiteren Schritt genommen haben gegenüber letzten Januar".

Ein langfristiges Engagement als Bundestrainer über sein Vertragsende im Sommer hinaus kann Gislason sich gut vorstellen - verweist aber auch auf den Stellenwert der EM. Man müsse "Erfolg haben, jetzt. Und das ist erst mal unser Ziel."

Gislason freut sich auf das Heim-Turnier in seiner Wahlheimat. 24 Jahre alt war er, als er 1983 erstmals als Spieler nach Deutschland zu TUSEM Essen gewechselt ist. Zur Legende wurde er hierzulande dann als Trainer. Nach seiner ersten Station beim VfL Hameln führte er den SC Magdeburg zur Meisterschaft und dem ersten deutschen Triumph in der Champions League, seine Erfolge mit dem THW Kiel machten ihn in der Branche einzigartig.

"Ich bin extrem stolz, Nationaltrainer Deutschlands zu sein", sagt der 64 Jahre alte Gislason: "Ich glaube, gerade weil ich bald die Hälfte meines Lebens in Deutschland verbracht habe." Die Arbeit mit den jungen Spielern beim DHB betrachtet er als "Geschenk".

Klar ist, dass Gislason in den kommenden Tagen und Wochen auch als Blitzableiter für seine noch recht unerfahrene Mannschaft fungiert. "Er muss vorangehen. Er muss Druck von unseren Schultern wegnehmen, weil er sehr breite Schultern hat mit sehr vielen Erfolgen", sagt Spielmacher Juri Knorr.

Doch mit Druck, das wird in diesen Tagen immer wieder deutlich, hat Gislason überhaupt kein Problem.