Nach dem eindrucksvollen WM-Neustart mit 8:1 gegen Lettland sind die Vizeweltmeister wieder auf Kurs.
"Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen und denken: Wir sind schon durch."
Die NHL-Angreifer John-Jason Peterka und Nico Sturm nominierten zum Spaß Jamal Musiala für die Fußball-EM, Bundestrainer Harold Kreis gab zur Belohnung einen Tag frei, doch Verteidiger Kai Wissmann antwortete auf den berauschenden WM-Neustart mit einer ausdrücklichen Warnung. "Vom Ergebnis wollen wir uns jetzt gar nicht blenden lassen", sagte der Berliner nach der 8:1-Gala der Eishockey-Vizeweltmeister gegen den Vorjahresdritten Lettland: "Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen und denken: Wir sind schon durch."
So positiv der höchste deutsche WM-Sieg seit 19 Jahren auch war, für die Stimmung, für das Selbstbewusstsein und für die Tabelle - Wissmann, der mit einem traumhaften Solo zum 2:0 früh die Weichen gestellt hatte, mahnte zur Zurückhaltung. "Wir bleiben in der Mitte", sagte der 27-Jährige und fügte mit Blick auf die 1:6-Pleiten zuvor gegen die USA und Schweden an: "Genauso wie wir nach den letzten beiden Niederlagen nicht unser gesamtes Selbstvertrauen verloren haben, denken wir jetzt nicht, dass wir Weltmeister sind."
Zumindest ist vor den letzten Vorrundenspielen am Freitag (16.20 Uhr) gegen Kasachstan, am Samstag (16.20 Uhr) gegen Aufsteiger Polen und am Dienstag (12.20 Uhr/alle Pro7 und MagentaSport) gegen Frankreich der Weg ins Viertelfinale vorgezeichnet. Schon zwei Siege sollten zum Weiterkommen reichen - mit dem genesenen Anführer Sturm und dem endlich treffenden Torjäger Peterka, aber auch einer deutlich stabileren Abwehr keine übermäßig knifflige Aufgabe.
Möglich machte die 180-Grad-Wende nicht nur ein Meeting mit Kreis, der seine Spieler "alle auf den gleichen Weg" brachte. Sondern auch eine Aussprache ohne Trainer. "Wir hatten auch ein internes Meeting, nur die Jungs", berichtete Peterka, "da kann jeder aus sich rauskommen, darüber reden, wie er sich gerade fühlt. Das hat sehr geholfen. Wir haben dann auf dem Eis gezeigt, was für eine Mannschaft wir in diesem Turnier wirklich sein wollen."
Dass der 22-Jährige selbst seine ersten beiden Tore erzielte, war für ihn eine Erlösung. "Wenn eins fällt, fallen gleich mehr", sagte Peterka, der beim Silbercoup im Vorjahr als bester Stürmer des Turniers ausgezeichnet worden war. Kreis freute sich über den Doppelpack, "weil ich weiß, dass er sich selbst unter unheimlichen Druck setzt. Wenn es ihm guttut, tut's auch der Mannschaft gut."
Gut tat auch, dass Sturm nach zwei Spielen Pause wegen einer Knieverletzung wieder mitwirkte - seine Präsenz in den Zweikämpfen, bei den Bullys, aber auch als Vorlagengeber und Torschütze gab dem Team Sicherheit. "Ich hoffe schon, dass ich den Jungs Selbstvertrauen geben kann, wenn ich auf dem Eis bin, dass sie denken: Der ist draußen, der macht das", sagte der Mittelstürmer, "das ist mein Job im Klub, das mache ich auch sehr gut."
Nicht zuletzt aufgrund seiner Defensivqualitäten sei man "nicht mehr rumgelaufen wie ein Hühnerhaufen", jeder habe seinen Job gemacht, meinte Sturm: "Das sah schon wieder viel mehr danach aus, wie die Leute sich vorstellen, dass Deutschland Eishockey spielt."
Weil das auch Kreis gefallen hatte, strich er das Training am Donnerstagmorgen und gönnte Sturm und Co. vor dem Vorrundenendspurt einen freien Tag. Dass sie dabei das berühmte tschechische Bier probieren, fürchtete der Bundestrainer nicht: "Die Jungs sind professonell genug, den regenerativen Tag wirklich als Regeneration zu nutzen." Und zu schauen, ob Julian Nagelsmann ihrem Rat folgt und Musiala nominiert. "Mein Lieblingsspieler im Moment", meinte Sturm - und Peterka prophezeite lachend: "Der wird 100-prozentig dabei sein."