Andrea Herzog hat mit ihrem Überraschungsgold für einen versöhnlichen WM-Abschluss der Slalom-Kanuten gesorgt. Ein Jahr vor Olympia ist allerdings noch einiges zu tun.
Mit ungläubigem Blick nahm Andrea Herzog nach ihrem Goldlauf kopfschüttelnd die Glückwünsche der Konkurrenz entgegen. Die erst 19 Jahre alte Newcomerin aus Leipzig sorgte für die große Überraschung bei der WM im Kanu-Slalom und rang nach ihrem Triumph um Fassung. "Ich kann es gar nicht glauben, das ist großartig. Ich weiß nicht, was da passiert ist", sagte die frischgebackene Canadier-Weltmeisterin, die sich außerdem den Startplatz für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio sicherte.
"Ich habe niemals mit Gold gerechnet", sagte Herzog. Dank eines fehlerfreien Laufs im Finale holte das jüngste Teammitglied des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV) am letzten Wettkampftag die einzige deutsche Medaille bei den Titelkämpfen im spanischen La Seu d'Urgell. Silber ging an die Australierin Jessica Fox, Bronze holte Nadine Weratschnig aus Österreich.
Während Herzog für den einzigen Lichtblick sorgte, hinterfragte Verbandspräsident Thomas Konietzko aufgrund des ansonsten schwachen deutschen Abschneidens den neuen nationalen Qualifikationsmodus für Tokio. "Die Sportler haben sich zuallererst darauf konzentriert, den internen Teamwettbewerb zu gewinnen. Wir müssen neu überdenken, dass es nach der Entscheidung bei einer WM keinen Spannungsabfall mehr geben darf, weil die Medaillen für uns auch wichtig sind", sagte Konietzko und kündigte eine Analyse des Qualifikationssystems an.
Mit konstant guten Leistungen hatte sich Herzog in dieser Saison in Stellung gebracht, der unverhoffte Triumph überraschte aber auch ihren Trainer Felix Michel. "Wir haben uns das alle nicht so ausgemalt, das ist Wahnsinn", sagte er. Von einem "gelungenen Abschluss" der WM sprach auch DKV-Präsident Konietzko, der allerdings ergänzte: "Wir konnten nicht alle Ziele erfüllen. Alles in allem haben wir noch einiges zu tun."
Da wäre zum Beispiel Vorjahressieger Hannes Aigner (Augsburg), der das Finale verpasste. Der 30 Jahre alte Kajak-Spezialist landete im Halbfinale nur auf Rang zwölf, holte damit aber zumindest den Quotenplatz für Olympia. "Es ist ärgerlich", sagte Aigner, der sich dennoch ein wenig freuen durfte: "Ich habe ein lachendes und ein weinendes Auge." Da der Bronzegewinner von London die interne Olympia-Qualifikation bereits beim Weltcup in Markkleeberg für sich entschieden hatte, geht er für den DKV in Tokio an den Start.
Während auch Ricarda Funk (Bad Kreuznach) dank Platz fünf im Kajak für Tokio planen darf, herrschte bei den Canadier-Männern gedrückte Stimmung. Die deutsche Mannschaft um Vorjahresweltmeister Franz Anton (Leipzig) verpasste den Quotenplatz für Olympia. "Es ist wie ein Schlag ins Gesicht und noch dreimal nachgetreten", sagte Anton, der nur auf dem 19. Rang landete. Bei den Europameisterschaften im kommenden Jahr bietet sich aber noch eine letzte Möglichkeit, das Olympia-Ticket zu lösen.
Autor: DOSB/SID