Paris 2024

Reine Nervensache: Dressurteam macht Werth zur Olympia-Königin

Die deutschen Dressurreiter holen das dritte Mannschafts-Gold in Serie, Isabell Werth schreibt mit ihrem Rekordsieg Geschichte.

3 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 03. August 2024

Historisches achtes Gold

Isabell Werth rannte auf ihre Liebsten zu und sprang ihnen überglücklich in die Arme, Bundestrainerin Monica Theodorescu wollte sie gar nicht mehr loslassen. "Da sag nochmal einer, Dressursport sei langweilig", meinte die neue Rekord-Olympiasiegerin nach ihrem historischen achten Gold, um das sie endlos lange Minuten zittern musste. Ihr Weg in den Olymp hatte sich plötzlich zur Nervenprobe entwickelt - mit dem umjubelten Happy End.

Erfolgreichste deutsche Olympionikin

"Ich fange an, es zu realisieren. Natürlich macht es mich sehr stolz, gar keine Frage", sagte sie zu ihrer historischen Bestmarke. Werth brach gleich mehrere Rekorde: Das Gold hievte sie auf eine Stufe mit Kanutin Birgit Fischer, ihre insgesamt 13. Medaille krönte sie zur erfolgreichsten deutschen Olympionikin der Geschichte. Sie zementierte ihr Denkmal mit dem dritten Team-Olympiasieg in Serie, und das mit der erst zehnjährigen Wendy, die sie seit Anfang des Jahres unter dem Sattel führt.

"Super, super zufrieden" sei sie mit ihrem schwarzen Shootingstar, die Schwelle zum Rekord sei für sie Nebensache gewesen, versicherte Werth. Dennoch wirkte sie extrem erleichtert, als Tokio-Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl mit einem für sie unerwartet holprigen Ritt erst auf einer makellosen Schlusslinie das goldene i-Tüpfelchen setzte.

Zitterpartie

Wenige Momente zuvor hatte sich noch ziemlich große Ernüchterung breitgemacht. Von Bredow-Werndl und Dalera machten den geplanten Triumphzug zu Gold mit ungewohnten Fehlern zur Zitterpartie, Werth konnte es nicht mehr mit ansehen. Mit den Nerven am Ende verließ sie mit ihrem Teamkollegen Frederic Wandres die Arena bereits, bevor von Bredow-Werndls Punktzahl feststand. Die Devise: Das war's mit Gold, bloß nicht hingucken.

"Wir hatten uns eigentlich schon mit der Silbermedaille angefreundet", erzählte Wandres, "zumindest für 30 Sekunden." Als der Sieg feststand, kehrten die geflüchteten Reiter zurück. "Wir haben richtig gezittert und es am Ende erst gar nicht glauben wollen", sagte Werth: "Dann mussten wir natürlich Jessi erst noch einmal bejubeln." Von Bredow-Werndl fügte scherzhaft an: "Sonst hätten sie mich geschimpft."

Hauchdünner Vorsprung

 

Die deutschen Dressurreiter erfüllten letztlich ihre Favoritenrolle mit dem unfassbar knappen Vorsprung von 0,121 Punkten - und sie erfüllten Werth den Traum vom historischen achten Olympiagold. "Es war fantastisch, ehrlich gesagt war es noch nie so ein enges Rennen wie heute", gestand die erfolgreichste Reiterin der Geschichte und erklärte, sie und Teamkollege Wandres hätten sich vor ihrer Flucht schlicht verrechnet.

Werth triumphierte zum siebten Mal mit der Mannschaft, dazu holte sie einmal Gold im Einzel - 1996 mit ihrem legendären Gigolo. "Es war einfach super", schwärmte sie nach ihrem Ritt, "ich wusste, wir haben nichts zu verschenken und müssen jeden Punkt rausholen." Ihre 79,894 Prozent waren eine persönliche Special-Bestleistung mit Wendy zum bestmöglichen Zeitpunkt.

Das Team mit Werth, der nun dreimaligen Olympiasiegerin von Bredow-Werndl und Wandres, der mit Bluetooth gleich bei seinem Debüt Gold abräumte, gewann vor Dänemark und Großbritannien. Wandres war auf Anweisung seiner routinierten Teamkolleginnen als Startreiter zunächst unter dem Motto "kontrolliertes Risiko" geritten, seine 75,942 Prozent hatten nach der ersten Runde für Deutschland nur zu Rang drei gereicht.

"Was will man mehr?", sagte der überwältigte Debütant. "Eine Mannschaftsmedaille, und dann mit Isabell und Jessica, zwei so besonderen Koryphäen im Sattel. Das Bild der Siegerehrung wird ein schönes Plätzchen bekommen."