Abschied als Titelverteidigerin: Nach fast 20 Jahren Leistungssport beendet Doppelweltmeisterin und Olympiasilbermedaillengewinnerin Selina Jörg ihre erfolgreiche Karriere. Die 33-jährige Allgäuerin zählt zu den besten deutschen Alpin-Snowboarderinnen aller Zeiten.
Abschied als Weltmeisterin: Snowboarderin Selina Jörg stellt das Brett zum Ende der Saison in die Ecke. "Die Luft ist raus", sagt sie.
Die Königin dankt ab. Freiwillig. Und Selina Jörg tut es mit dem Gefühl, dass es schöner nicht mehr werden kann. "Ich hätte mir wirklich keinen besseren Abschluss wünschen können", sagte die 33-Jährige, als sie am Donnerstag ihren Abschied vom Snowboardsport bekannt gab - nur drei Tage nach ihrer erfolgreichen WM-Titelverteidigung im Parallel-Riesenslalom.
Die Allgäuerin reicht ihr Zepter zum Ende der Saison weiter - nach 16 Jahren im Weltcup mit zwei WM-Goldmedaillen, einmal WM-Bronze sowie Silber bei Olympia 2018. Mehr Edelmetall bei Großereignissen hat keine deutsche Boarderin gewonnen. Doch jetzt ist Schluss. Selina Jörg wird mit dem Heimweltcup in Berchtesgaden am Götschen (20./21. März) abtreten.
"Dieses Karriereende ist ein Traum", sagte sie angesichts ihrer jüngsten Erfolge. Neben dem zweiten Gold im Parallel-Riesenslalom hatte die Berufssoldatin aus Sonthofen zu Wochenbeginn im slowenischen Rogla Bronze im Parallel-Slalom gewonnen. Dort steht am Samstag ihr 150. Weltcup-Rennen an, dem sie nur noch zwei weitere folgen lassen möchte.
In Berchtesgaden, wo Jörg am Sportinternat war und einst ihr erstes Kinderrennen bestritten hatte, "schließt sich jetzt der Kreis für mich", sagte sie. Die Entscheidung zum Rücktritt komme nicht spontan, sondern sei bereits vor einem Jahr gefallen: "Ich wollte immer aufhören, so lange ich ganz vorne mitfahren kann."
Die anstehende Olympia-Saison habe sie sich nicht mehr antun wollen: "Die Luft ist raus. Ich würde es mental nicht mehr schaffen, dort in absoluter Topform am Start zu stehen." Für die Karriere danach hat Jörg längst geplant: Sie hat einen Master in Wirtschaftspsychologie und will sich damit beruflich neu orientieren.
"Auf dem Zenit aufhören: Das gelingt nicht vielen Sportler*innen. Selina Jörg schon", sagte Verbandspräsident Michael Hölz. Jörg sei auf und neben der Piste immer ein Vorbild gewesen. Auch Sportdirektor Andi Scheid bekannte, er bedaure den Abschied sehr. "Vor fast 20 Jahren habe ich mit Selina und ihren Eltern das Sportinternat am Stützpunkt Berchtesgaden besichtigt. Sie hat sich damals für eine Karriere als Snowboarderin entschieden, die sie mit vollem Engagement durchgezogen hat – und die jetzt leider zu Ende geht. Sportlich gesehen, bedauere ich den Rücktritt sehr. Sie ist eine absolute Erfolgsgarantin, die wir sehr gerne zu den Olympischen Spielen 2022 nach China mitgenommen hätten. Persönlich verstehe ich ihre Entscheidung und es hat mich von Herzen gefreut, dass sie in Rogla nochmal zeigen konnte, was in ihr steckt und sie als amtierende Weltmeisterin von der Snowboardbühne abtritt."
Jörg stand 21-mal auf dem Weltcup-Podest und gewann dort drei Rennen. Auch in diesem Winter fuhr sie dreimal aufs "Stockerl". Mit zweimal Gold und einmal Bronze ist sie die erfolgreichste deutsche Snowboarderin bei Weltmeisterschaften und die einzige neben Amelie Kober, die drei WM-Medaillen gewinnen konnte.
Bislang. Denn ihre Erbin steht in Ramona Hofmeister längst bereit. Die 24-Jährige hatte 2018 hinter Jörg Olympia-Bronze gewonnen. Im vergangenen Winter folgte der Gesamtweltcup, bei der WM nach Bronze 2019 nun Silber im Parallel-Slalom. "Die Medaille mitzunehmen, dazu noch mit der Selina zusammen - glücklicher könnte ich gar nicht sein", sagte sie am Dienstag. Künftig wird es Hofmeister ohne Jörg regeln müssen.
Quelle: sid, snowboardgermany