Historische Pleite statt historisches Gold: Deutschlands Handballer haben die Olympia-Sensation deutlich verpasst, mit Silber aber den verdienten Lohn für ihre spektakulären Leistungen erhalten.
Dänemark zu stark für DHB-Männer
Die junge Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason war in einem einseitigen Finale gegen Weltmeister Dänemark von Beginn an chancenlos und unterlag mit 26:39 (12:21). Es war die höchste Final-Pleite der olympischen Geschichte.
Ausgerechnet im "größten Spiel unserer Karriere" zeigten die deutschen Spieler ihren schwächsten Auftritt, Kapitän Johannes Golla und Co. agierten vor rund 27.000 Zuschauern im Stade Pierre-Mauroy in Lille fahrig und fehlerhaft. Von Beginn an diktierten die Dänen Tempo und Rhythmus, bereits zur Pause war die Partie praktisch entschieden. Zum goldenen Wurf fehlte der DHB-Auswahl am Ende von zweieinhalb verrückten Wochen wohl auch die Kraft.
Zum besten deutschen Werfer avancierte Juri Knorr mit sechs. Der im Turnier zuvor so überragende Torhüter Andreas Wolff war kein Faktor. Für Kai Häfner, Europameister von 2016, war es das letzte seiner 151. Länderspiele.
Die Enttäuschung über den verpassten ersten gesamtdeutschen Olympiasieg, den ersten Triumph seit dem legendären DDR-Gold 1980, dürfte schnell verfliegen. Das dritte Olympia-Silber nach 1984 und 2004 ist für die Handballer der größte Erfolg seit dem legendären WM-Wintermärchen 2007 und dem sensationellen EM-Titel 2016. Zudem sicherte die DHB-Auswahl am Sonntagnachmittag die 33. und letzte deutsche Medaille der Spiele in Paris - ein Erfolg, der so nicht zu erwarten gewesen war.
Auf einer Welle der Begeisterung spielten Youngster Renars Uscins und sein Team das Turnier ihres Lebens. Dem Gruppensieg in der Vorrunde folgte eine irre K.o.-Phase mit dramatischen Siegen gegen Europameister Frankreich und den WM-Dritten Spanien. Vor allem das epische Viertelfinale gegen den Gastgeber (35:34 nach Verlängerung) wird dank des Sechs-Sekunden-Wunders als "Jahrhundertspiel" in Erinnerung bleiben. Auch im Halbfinal-Krimi gegen Spanien (25:24) zeigte die mit neun Olympia-Novizen gespickte DHB-Auswahl einen mitreißenden Auftritt.
Gislasons Bauchgefühl für das Endspiel? "Schwer zu sagen. Ich bin mir ganz sicher, dass die Jungs sehr fokussiert sind. Es ist großartig, dieses Finale erreicht zu haben", sagte der isländische Medaillenschmied kurz vor dem Anpfiff im ZDF und bezeichnete die Dänen als "haushohen" Favoriten, "aber was soll's: Wir wollen dieses Spiel trotzdem gewinnen. Wir wissen, dass wir dafür das beste Spiel des Turniers bringen müssen."
Doch Golla und Co. waren von Beginn an nicht auf der Höhe. Während die Dänen um Weltstar Mikkel Hansen, der am Sonntag das letzte Handball-Spiel seiner erfolgreichen Karriere bestritt, mit Ruhe und Konsequenz ihre Angriffe vortrugen, gelang den Deutschen offensiv nur wenig. Und weil auch Keeper Wolff, der im Halbfinale noch mit 22 Paraden geglänzt hatte, kaum Bälle zu fassen bekam, hieß es schon nach einer Viertelstunde und sieben torlosen Minuten 5:12.
Dänemark, Olympiasieger von 2016, Zweiter von 2021, Weltmeister von 2019, 2021, 2023, spielte im Gegensatz zum deutschen Team weiter fast fehlerfrei, so dass auch der deutsche Torwartwechsel verpuffte. David Späth durfte vier Minuten lang für Wolff ran, doch beim 9:19 (23.) drohte ein Final-Debakel. "Hey, es geht weiter! Kommt Jungs!", rief Gislason seinen Schützlingen in einer Auszeit aufgebracht zu.
Wer auf eine ähnliche Aufholjagd wie gegen Frankreich gehofft hatte, wurde enttäuscht. Im Angriff fehlte es gegen Dänemarks Torhüter Niklas Landin, der sein letztes Länderspiel bestritt, weiter an der nötigen Effizienz. In der Abwehr waren die Dänen-Stars am Sonntag eine Nummer zu groß.